„Gut gebrüllt, kleiner Löwe!“

Der Karneval der Tiere von Camille Saint-Saëns

Puppentheater mit Klaviermusik, Klavierkonzert mit Puppentheater

Eckdaten

Der Karneval der Tiere von Camille Saint-Saëns ist eine Suite für Kammerorchester. In 14 relativ kurzen Musikstücken porträtiert der Komponist hauptsächlich Tiere. In nur wenigen Tagen vollendete Camille Saint-Saëns 1886 die Musik in einem kleinen österreichischen Ort, in den er sich nach einer Konzertreise durch Deutschland zurückgezogen hatte. Zwanzig Jahre zuvor hatte er in seiner Lehrertätigkeit bereits den Schülern einen „Carnaval des Animaux“ versprochen. Man kann also davon ausgehen, dass Fragmente bereits vorhanden waren. Nun setzte er diese Ideen endlich um. Die Uraufführung fand im Februar 1886 in Paris statt. Zu seinen Lebezeiten verbot Camille Saint-Saëns eine Veröffentlichung. Nur der Schwan durfte aufgeführt werden. Heute zählt die Suite ironischerweise zu seinen bekanntesten Werken.

Der Karneval als Puppentheater

Die Tiere haben in dem Werk einen großen Wiedererkennungswert. Das Brüllen des Löwen, das Galoppieren der Esel, das Gackern der Hühner, das aufgeregte Flattern im Vogelkäfig oder die sphärische Musik des Aquariums bedürfen keiner Entschlüsselung. Beim Hören der Musik haben wir die Tiere sofort vor unserem geistigen Auge. Die Versuchung, diese Musik mit Puppentheater umzusetzen, ist natürlich groß. Noch dazu ist die Länge der einzelnen Stücke überschaubar. Die Musik klingt romantisch eingängig und ist trotzdem raffiniert.

Die musikalischen Scherze

Viele fragen sich, warum sich Camille Saint-Saëns gegen eine Veröffentlichung wehrte. Ein möglicher Grund könnten seine vielen musikalisch-ironischen Anspielungen sein, die möglicherweise seine Zeitgenossen verärgern hätten können. Im „Elefant“ verarbeitet er den „Tanz der Sylphiden“ von Berlioz und ein Scherzo von Mendelssohn aus dem „Sommernachtstraum“ - etwas luftig Leichtes wird nun elefantenmäßig schwerfällig und bewusst unbeholfen vom Kontrabass gespielt. Ähnlich die Schildkröten: Bis fast zur Unkenntlichkeit verlangsamt er die Melodie des berühmten Can-Can von Jacques-Offenbach – einem damals überaus populären Tanz, bei dem gerade das schnelle Tempo das Markenzeichen war. Dem nicht genug setzen die Klaviere auch noch mit Achteltriolen dagegen und überraschen mit so manch disharmonischem Akkord. Die Fossilien strotzen nur so von musikalischen Zitaten. Das Kinderlied „Ah! Vous dirai-je maman“ - besser bekannt bei uns als „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ ist zum Beispiel hineingewoben. Die „Pianisten“ geben mir immer noch Rätsel auf. Warum nimmt Camille Saint-Saëns sie in seinen Tierreigen auf? Eindeutig werden hier die Tonleiterübungen ironisiert. Ist es Kritik an den damals vorherrschenden Unterrichtsanforderungen an die Klavierschüler, sich stundenlang mit technischen Übungen abrackern zu müssen?

Die eigene Inszenierung

Von Camille Saint-Saëns selbst sind keine textlichen Vorgaben zu den Stücken bekannt. In den letzten Jahren gab es viele Texte oder Geschichten, welche die Stücke miteinander verbanden. Eine der bekanntesten Versionen dürfte von Loriot stammen, der den Geburtstag des Löwen als Ausgangspunkt setzte, um so ein Tier nach dem anderen in einer Art Reihungsgeschichte auftreten zu lassen. Aber auch Roger Wilemsen, Peter Ustinov, Boris Aljinovic, Marko Simsa, Jörg Hilbert u.a. entwarfen Texte, welche die Musikstücke inhaltlich zusammenfügen.

Meine Idee war, mich vom Faschingsthema zu verabschieden. Der Untertitel „Große zoologische Fantasie“ (Grande fantaisie zoologique) veranlasste mich den „Karneval“ im weitesten Sinne als „Bunte Ansammlung von Tieren und ein paar Verrücktheiten“ zu interpretieren. Von Anfang an war klar, dass ich mich über die Reihenfolge hinwegsetzen und ein paar musikalische Phrasen als roten Faden in eine große zusammenhängende Geschichte einbauen würde. Ein kleiner Löwe sollte die Hauptfigur werden. Nachdem er sich ein paar Frechheiten - vor allem durch sein gerade erlerntes und zu unpassenden Gelegenheiten eingesetztes Brüllen - geleistet hatte, ignoriert er den vom Vater verhängten Hausarrest, büxt mit den wilden Eseln aus dem Zoo und kommt nach ein paar Abenteuern wieder geläutert zurück. Es geht also um einen kleinen widerspenstigen Protagonisten, der das Herz aber letztendlich doch am rechten Fleck hat.

Kinderstimmen

„Das arme Känguru Amanda war sehr mutig und hat nicht aufgegeben ihr Kind zu suchen.“

„Mir hat alles gefallen, aber am meisten wie Ihre Schwester Klavier gespielt hat.“

„Ich musste am meisten lachen, wo der Elefant die Augen aufmacht.“

„Die Musik, die mir immer noch im Ohr ist, war das Gebrüll des Löwen. Meine Lieblingsszene ist die, wo der Schwan den Löwen nach Hause bringt.“